Bohrinsel in Flammen

Akkuherstellung schlimmer als Erdölgewinnung

Die Akkuherstellung scheint schlimmer zu sein als die Erdölgewinnung. Diesen Eindruck könnte man gewinnen wenn, man sich die zahlreichen Statements zu den furchtbaren Umweltschäden, durch die Akkuherstellung zu Gemüte führt. Wie sauber ist die Erdölgewinnung? Ist sie vielleicht von Umweltseite aus gesehen sogar das kleinere Übel. Schauen wir uns das mal näher an

Die Erdölquellen und Reserven

Die Zahlen über die vorhandenen Erdölreserven schwanken immer wieder. Durch neue Gewinnungsmethoden (Fracking) steigen die geschätzten verfügbaren Reserven zur Zeit eher wieder. Jedoch erhöhen sich durch aufwändigere Förderarten auch die Preise.

Die letzten Schätzungen gehen davon aus, dass die Erdölreserven noch für 56 Jahre reichen werden. Jedoch ist diese Prognose sehr ungenau, da die Zahlen immer wieder korrigiert werden.

Aufteilung der bekannten Erdölreserven auf Länder in Millionen Tonnen
StaatErdölreserven in Mio. TonnenProzent an Erdölreserven
Venezuela47.00017,6
Saudi Arabien36.60015,6
Kanada27.60010
Iran21.8009,3
Irak20.6009,0
Russland15.0006,4
Kuwait14.0006,4
VAE13.0005,7
Libyen6.3002,8
Vereinigte Staaten5.8002,8

Wie man an obiger Tabelle erkennen kann, befinden sich viele Vorräte in politisch und menschenrechtlich eher schwierigen Ländern. Da Deutschland nur zu einem minimalen Teil seinen Bedarf an Erdöl aus eigenen Reserven bedienen kann, sind wir auf Importe aus instabilen Regionen angewiesen.

Im Hinblick, auf die immer wieder vorgebrachte problematische Rohstoffgewinnung, für die Akkus der Elektroautos, scheint das Problem beim Erdöl noch ein viel Größeres zu sein.
Umwelttechnisch, und politisch sowieso. Deutschland hat, verglichen mit anderen Staaten, einen großen Bedarf an Erdöl. Im internationalen Vergleich stehen wir auf Platz 9. Europaweit sind wir Spitzenreiter beim Ölverbrauch. Durch diesen hohen Bedarf an Öl, stehen wir auch im Bezug auf CO2 Einsparungen in der Pflicht. Flächen- und Bevölkerungsmässig sind wir im weltweiten Vergleich ein kleines Land. Jedoch mit riesigen Ressourcenverbrauch.
Das Öl wird aber nicht ausschließlich im Verkehrssektor gebraucht. Es gibt viele, wichtigere, Einsatzgebiete. Daher erscheint es mehr als fraglich, Öl in Verbrennungsmotoren zu verheizen, wenn eine neue umweltfreundliche Technologie, wie beispielsweise das Elektroauto, zur Verfügung steht.

Die Umweltschäden

Auch bei der Rohstoffgewinnung für die Akkuherstellung, insbesondere Lithium, entstehen Umweltschäden. Immer wieder wird der hohe Wasserverbrauch bei der Gewinnung von Lithium angesprochen. Teilweise spricht man von einer ausgetrockneten Seenlandschaft, 20 Millionen Liter Trinkwasser die für eine Tonne Lithium verbraucht werden usw.

Eine ausgetrocknete Seenlandschaft war das in einem der größten Abbaugebiete von Lithium in Chile vorher schon. Es handelt sich um einen Salzsee. Die 20 Millionen Liter sind auch mitnichten Trinkwasser. Abgesehen davon, das die Höhe auf veraltetem Zahlenmaterial beruht, ist man inzwischen dazu übergegangen einen Teil der Sole wieder zurück zu pumpen. Ein weiterer Teil wird durch Meerwasser aus dem Pazifik ersetzt.

Und wie ist das mit dem Wasser beim Öl

Jeden Tag werden 15 Milliarden Liter Öl verbraucht. Bei der Förderung werden täglich 40 Milliarden Liter Wasser verbraucht.
Rechnen wir den täglichen Wasserverbrauch der Ölgewinnung auf das verdunstete Wasser bei der Lithiumgewinnung um, könnte man täglich 1,3 Millionen große Akkus für Elektroauto bauen. Täglich!

Es soll hier nicht schlechtes mit noch schlechterem gut geredet werden. Aber wenn man sich diesen Vergleich an sieht, klingt das Aufzeigen der Verfechter der Verbrennungstechnologie doch ein klein wenig verlogen.

Die Gewinnung von Öl wird auch immer aufwändiger. Fracking und Ölsande sind ein Thema, wo es einem beim genauen hinsehen sämtliche Haare aufstellt.
Bei der Förderung aus Ölsanden entstehen täglich 1,25 Milliarden Liter giftige Abwässer. 1 Milliarde Liter Trinkwasser wird verschwendet.

Beim Fracking wird Wasser mit Sand und Chemikalien vermischt in die Erde gepumpt um diese aufzubrechen und das Ausströmen von Öl und Gas zu ermöglichen. Pro Quelle werden dabei ca. 21 Millionen Liter Wasser verbraucht. Bei jährlich 50.000 neuen Quellen, allein in den USA, entspricht dies einem Wasserverbrauch von ca. 530 Milliarden Litern.

Fracking gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Die USA haben durch diese Methode bereits Saudi Arabien bei der Ölförderung übertrumpft. Tendenz und Wasserverbrauch steigend.

Ja gut, aber bei der Lithiumgewinnung wird Wasser zum verdampfen gebracht….
Diese Problematik beim Lithium kann man aber auch nicht ausschließlich der Batterieherstellung zuschreiben. Nur 37 Prozent des weltweit gewonnenen Lithiums gehen bisher in die Produktion von Akkus aller Art.

Kobalt und Kinderarbeit

Das ist in der Tat ein Problem um das man sich kümmern muss und um dass sich auch gekümmert wird. Der Anteil an Kobalt in den Akkus der Elektroautos wird immer geringer. Man hofft in einigen Jahren komplett auf Kobalt verzichten zu können.
Kobalt wird offiziell nur aus legalen Quellen bezogen. Da aber das Hauptabbaugebiet im Kongo liegt, einer der korruptesten Staaten der Welt, darf man das zurecht anzweifeln.

Wofür wird den Kobalt überhaupt gebraucht und eingesetzt

42 Prozent des geförderten Kobalts, übrigens ein Nebenprodukt bei der Kupfergewinnung, wird für die Herstellung von Akkus jeglicher Art verwendet.
Ein weiterer großer Einsatzbereich ist die Herstellung von hochfesten Legierungen von Stahl für Werkzeuge, Implantate, Turbinenschaufeln, Ventilsitzringe im Verbrennungsmotor, Kurbelwellen, Nockenwellen (ebenfalls im Verbrennungsmotor) und als Katalysator bei der Erdölgewinnung und siehe da auch wieder für den Verbrennungsmotor.

Im vorherigen Artikel bin ich auch noch einmal näher auf das Thema Kinderarbeit eingegangen.

Der CO2-Ausstoß

Bei der Akkuherstellung für das Elektroauto fallen vergleichsweise große Mengen an CO2 an, da die Herstellung energieintensiv ist. Dieser CO2 Verbrauch ist dann auch regelmäßig ein großer Kritikpunkt der Elektromobilität.

Auch Erdölförderung ist CO2 verursachend

Worüber man kaum spricht, sind die klimaschädlichen Treibhausgase, in erster Linie Methan, die bei der Förderung von Erdöl entstehen. Methan ist dabei um den Faktor 25 klimaschädlicher als CO2. Als Begleitgas tritt Methan bei der Förderung von Erdöl aus. Es wird entweder abgefackelt, sogenanntes Flaring. Oder es tritt ungehindert in die Atmosphäre aus, sogenanntes Venting.

Ca. 5 Prozent der weltweit anfallenden Klimagase stammen aus der Ölförderung. Und dieser Faktor steigt rapide an, da vor allem beim dezentralen Fracking überwiegend ein ungehinderter Austritt durch Venting stattfindet. Das heisst Methan entweicht völlig unbehandelt oder ungefiltert in die Atmosphäre.

Man kann nach neuesten Studien davon ausgehen, dass man den CO2 Ausstoss aus dem Verkehr nochmals um mindestens 15 Prozent höher ansetzen muss, wenn man den Methanausstoss bei der Förderung mit einberechnet.

Nach Berechnungen wurden im Jahr 2016 149 Milliarden Kubikmeter Begleitgas abgefackelt. Das ist mehr als ganz Afrika im Jahr an Erdgas verbraucht. Welche sinnlose Verschwendung. Die Mengen die durch Venting ungehindert abgeblasen werden sind da noch gar nicht berücksichtigt.

Nachzulesen ist das ganze in einem Artikel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Auf meiner Startseite habe ich eine sehr konservative Gegenüberstellung des CO2 Rucksacks meines Hyundai Ioniqs mit dem CO2 Ausstoss beim Verbrenner dargestellt. Dabei habe ich diese Begleitgase noch gar nicht berücksichtigt, da man genaueres Zahlenmaterial kaum findet.

Umweltkatastrophen

Es gibt eine große Anzahl an Umweltkatastrophen die mit der Erdölgewinnung einher gehen. Auch dazu habe ich bereits vor einiger Zeit einen Artikel verfasst.

Nehmen wir als Beispiel das Nigerdelta. Dort werden 5.000 Bohrquellen betrieben. Das Gebiet ist durchzogen von 7.000 Kilometern Ölpipelines. Täglich werden dort 2 Millionen Fass Rohöl gefördert. Das sind etwa 320 Millionen Liter. Seit 50 Jahren wird dort Öl gefördert. Das Land ist größter Erdölproduzent in Afrika. 70 Prozent der Bevölkerung leben in Armut.

240.000 Barrel Rohöl fließen Jahr für Jahr ins Nigerdelta und zerstören die Mangrovenwälder und verseuchen gesamte Gebiet. Sogar das Trinkwasser ist mit Öl verseucht. Fischfang ist nicht mehr möglich.
Größter Kunde für Öl aus Nigeria ist die Europäische Union. Korruption, kriegerische Auseinandersetzungen, Bürgerkriege und einer der am meisten verschmutzen Landstriche der Welt, alles unterstützt durch die Erdölnutzer, durch uns. Vielleicht keine schlechte Idee ein bisschen weniger davon zu konsumieren?

Kümmern sich die Erdölkonzerne, z.B. Shell, wenigstens um die Beseitigung der unfassbaren Umweltschäden? Seit Jahrzehnten wird um die Haftung gestritten. Bisher hat man sich geweigert Verantwortung zu übernehmen.
Die Lebenserwartung der Bevölkerung Nigerias hat in den letzten Jahrzehnten um 10 Jahre abgenommen. Kaum jemand erwähnt diesen Skandal.

Fracking

Die USA setzen verstärkt auf Fracking. Ein umwelttechnisches Desaster. Das dabei entstehende Methan macht es für den Rest der Welt schier unmöglich eine Reduzierung von CO2 zu schaffen. Nur damit wir an Öl kommen. Das dann nochmals zusätzlich verbrannt wird. Von 2018 bis 2050 werden durch austretende Gase 120 Milliarden Tonnen CO2 verursacht. Soviel wie 1.000 Kohlekraftwerke ausstossen.

90 Prozent noch zu erschließender Ölreserven können nur durch Fracking ausgebeutet werden. Eigentlich fehlen einem da die Worte.

Fazit: Vor den Problemen, die durch unseren immensen Hunger nach Öl verursacht werden, verschließt man gern die Augen. Vor diesem Hintergrund, erscheint die Empörung über Lithiumgewinnung und Kobaltabbau nur heuchlerisch. 

Um richtig verstanden zu werden, auch bei den Umwelt- und Menschenrechtsproblemen die bei der Gewinnung der Rohstoffe für Akkus entstehen muss gehandelt werden. Aber ein weiteres festhalten an Verbrennungsmotoren, erscheint mir vor dem Hintergrund dieser Probleme, die durch Erdölförderung entstehen, als großer Fehler.

Die Akkus in Elektroautos haben einen weiteren großen Vorteil, sie können nach ihrer Verwendung im Elektroauto ein Second Life antreten. Die Rohstoffe im Akku können also für einen sehr langen Zeitraum verwendet werden. Und selbst nach dieser Verwendung im Second Life für 10 bis 20 Jahre kann man die Rohstoffe noch recyceln, zu 96 Prozent. Das versuchen sie mal mit Erdöl

Update Mai 2020

Ein neues Phänomen am Ölpreismarkt hat sich Ende April gezeigt. Erstmals gab es negative Ölpreise, für bestimmte, minderwertige, Sorten. Die Lagerkapazitäten für Rohöl waren beinahe erschöpft. Die Ölproduzenten hatten Schwierigkeiten ihr Öl noch loszuwerden. Grund ist die weltweite Corona-Pandemie die zu einem drastischen Sinken des Ölverbrauchs führt. Weitere Zusammenhänge sind im verlinkten Artikel zusammengefasst.

Man kann eine Ölquelle nicht einfach so abstellen. Es verursacht immense Kosten und unter Umständen ist eine Wiederinbetriebnahme unmöglich. Die weiter sprudelnden Ölquellen führen dann allerdings zu oben genannten Problemen.

Eine weitere Verbreitung der Elektromobilität wird insgesamt zu einem schrumpfenden Ölmarkt führen, mit in letzter Konsequenz gleichen Problemen. Öl kann nicht mehr in erforderlichem Maß vermarktet werden.
Vielleicht kann man sich ungefähr ein Bild machen, wie groß das Interesse der Ölproduzierenden Länder ist, den Hochlauf der Elektromobilität zu unterbinden. Keine Kampagne und keine Fakenews sind zu teuer. Zudem hängt ein Großteil des Finanzmarkts direkt mit dem Erdölmarkt zusammen. Größere Verwerfungen führen zu fatalen Folgen. 

So schlimm die Corona-Krise aktuell auch ist, sie bietet Chancen für eine Neuorientierung und zum Nachdenken wohin wir mit unserem Planeten steuern wollen. Vielleicht ist es Zeit für einen grundlegenden Wandel unserer Lebensstils.

4 Kommentare
  1. Stephan
    Stephan sagte:

    Hallo,

    ich versuche mich relativ neutral über das Thema zu informieren. Kannst du Quellen zu den einzelnen Daten geben? Gerade der Wasserverbrauch bei der Ölförderung und CO2 Ausstoß würden mich interessieren, wenn ich das mit (einigermaßen) unabhängigen Quellen vergleichen könnte.

    Herzlichen Dank für deine Mühen!

    Viele Grüße
    Stephan

    Antworten
  2. heinzh
    heinzh sagte:

    Hallo Stephan,
    bereits oben im Artikel habe ich Berichte zum Thema Wasserverbrauch und CO2 Ausstoss bei der Erdölgewinnung verlinkt. Zum Thema Fracking (eine zunehmende Gewinnungsform von Erdöl) zum Beispiel hier https://www.energiestiftung.ch/fracking.html
    oder hier zum Gasfracking, aber äquivaltent zur Ölförderung
    https://www.handelsblatt.com/technik/das-technologie-update/nachgeforscht/f-wie-fracking-zwischen-gasboom-und-gefahren/10104260.html?ticket=ST-40484600-x3cLZNlE3xSyXgcbTa9B-ap6
    oder hier speziell zu Kanada
    https://www.greenpeace.de/teersand-kanada

    Der Wasserverbrauch bei der Ölförderung ist ja nur ein kleiner Aspekt der immensen Umweltschäden die entstehen. Ölunfälle haben meist katastrophale Folgen die über Jahrzehnte wirken.

    Zum Thema CO2
    http://www.bmz.de/rue/de/publikationen_aktuelles/publikationen_neu/themen/klima_umwelt_energie/Nutzen_statt_Abfackeln_von_Erd__lbegleitgas.pdf

    https://www.welt.de/print/wams/wissen/article151381279/Hoellische-Verschwendung.html

    Ob dies unabhängige Quellen sind, musst du selbst entscheiden. Die Vielzahl der im Netz verfügbaren Berichte und Studien erscheinen mir glaubhaft.
    Viele Grüße
    Heinz

    Antworten
  3. Jörg Backhaus
    Jörg Backhaus sagte:

    Danke für diese sehr erhellende Darstellung. Sie hilft mir maßgeblich die Entlastungsargumente der turbobegeisterten Herdengewohnheitstiere zu entkräften, die auf einmal ihr Herz für die Wasservorräte Argentiniens oder die Arbeitsverhältnisse in kongolesischen Kobaltminen entdeckt haben, während ihnen die Ölverseuchung des Nigerdeltas und Umweltzerstörung durch Tankerhavarien oder Ölplattformen weiterhin am Arsch vorbei gehen – vom Ressourcenverbrauch durch Fracking ganz zu schweigen.
    Danke auch für die Quellenangaben dazu.

    Antworten
    • heinzh
      heinzh sagte:

      Danke Jörg für den Kommentar. Ja leider wird viel zu oft vergessen das ganze Thema in Relation zu setzen. Sicher benötigt man auch für ein Elektroauto Ressourcen. Aber im Vergleich zum Verbrenner ist es einfach die Alternative mit deutlich weniger Auswirkungen auf die Umwelt. Bedauerlicherweise stößt man mit Fakten oft auf taube Ohren bei den (teilweise) verbohrten Anhängern des fossilen Treibstoffs.

      Antworten

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