Woher kommt der Strom

Elektromobilität woher kommt der Strom

Ein Thema das viele beschäftigt. Bei der Umstellung auf die Elektromobilität benötigen wir mehr Strom. Wieviel mehr brauchen wir denn eigentlich? Woher kommt der Strom jetzt und woher die zusätzlichen Mengen? Und das Stromnetz schafft diese Belastungen doch sicher auch nicht. Viele Fragen die auftauchen und von Skeptikern der Elektromobilität immer wieder gestellt werden. In diesem Artikel will ich versuchen etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Grafik Nettostromerzeugung

Die Stromquellen 2019

Zahlen und Daten für 2020 liegen noch nicht abschließend vor. Aber man kann, wenn man die Zahlen der Vergangenheit betrachtet, ganz gut vorhersagen wo die Reise hingehen wird.
Doch erst einmal zu den bekannten Zahlen. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 515,56 TWh Strom ins öffentliche Stromnetz geliefert (Nettostromerzeugung). Davon war ein Anteil von 42,1 Prozent oder 242,5 TWh aus regenerativen Quellen.
Andere Quellen sprechen sogar von 46 Prozent aus erneuerbaren (siehe Grafik oben).
Interessant dabei ist die Steigerungsrate von 9,1 Prozent Zuwachs an erneuerbaren innerhalb eines Jahres von 2018 auf 2019. Doch dazu später noch mehr.
Den größten Anteil an regenerativen Strom erzeugt dabei die Windenergie. On- und Offshore zusammengerechnet waren dies in 2019 knapp 53 Prozent, gefolgt von Photovoltaik, Biomasse und Wasserkraft. (Nach den Zahlen des Umweltbundesamtes)
Die konventionelle Stromerzeugung schlüsselt sich dabei auf in Kohlestrom aus Braunkohle (19,7 %), Kernkraft (13,8 %), Erdgas (10,5 %) und Steinkohle (9,4 %) Rest „Andere“.

Bei manchen Berechnungen wird der Strom, der in ein Elektroauto geladen wird, mit 100 Prozent Kohlestrom berechnet. Ernsthaft?

Der Ausbau erneuerbarer Energien und seine Folgen

Der Zubau an erneuerbarer Energie innerhalb der letzten Jahre, hat dank des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) eine hohe Geschwindigkeit vorgelegt. Nach ca. 46 Prozent Anteil im Kalenderjahr 2019 stieg der Anteil im ersten Halbjahr 2020 auf über 55 Prozent. Ein klarer Trend, wenn auch der Wert des ersten Halbjahres, mit viel Wind, nicht überbewertet werden sollte. Es braucht weiterhin einen zügigen Ausbau der ins Stocken geratenen Windkraftanlagen, sowie der Photovoltaik.

Nebeneffekt der gesteigerten Erzeugung erneuerbarer Energien, Kohlestrom wird zunehmend uninteressanter, weil viel zu teuer.  Gleichwohl brauchen wir Kraftwerke für die Grundlast. Einen Teil könnte man sicher bereits jetzt, für eine Übergangszeit, durch Gaskraftwerke ersetzen. Diese stehen als Spitzenlastreserve seit Jahren still. Beispiel, der Irrsinn von Irsching, gerne hier lesen.

Kohlestrom wird aufgrund der gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate schlicht zu teuer. Der Rückgang im ersten Halbjahr 2020 betrug mehr als 36 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Bei der Kernkraft haben wird ebenfalls einen starken Rückgang zu verzeichnen, knapp 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Aufgefangen wird dieser Rückgang zum einen durch die höheren Mengen an erneuerbaren und zusätzlich zu einer Verschiebung zu Strom aus Gaskraftwerken, da dieser geringere Zertifikatskosten verursacht und der Preis für Gas stark gefallen ist.

Die Nettostromerzeugung ist im Jahr 2019 um 5,4 Prozent zurück gegangen. Im Jahr 2020 wird die Stromerzeugung, auch Corona-bedingt weiter zurück gehen. Das einfach einmal im Hinterkopf behalten, zum Thema woher kommt der ganze Strom für die Elektroautos.

Gefallen ist inzwischen auch der Stromexport, durch zunehmend unrentablen Betrieb des Kohlestroms. Der Stromexport ist im Vergleich zu 2018 im Jahr 2019 um 35 Prozent gefallen.
Gleichzeitig ist der Import um 25 Prozent gestiegen. Im Vergleich wurden, nach Zahlen der Bundesnetzagentur,  2019 59,4 TWh exportiert und 24,2 TWh importiert.

Es bleibt natürlich noch viel zu tun um unsere Energieerzeugung „grüner“ zu machen. Speicherlösungen z.B. auf Wasserstoffbasis und vor allem ein weiterer Ausbau der ins Stocken geratenen erneuerbaren Energien. Dazu braucht es die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen. Stichwort EEG-Novelle, ein komplexes Thema.

Was, wenn alle elektrisch Fahren

Die Befürchtung, dass der Strom nicht reicht, wenn alle elektrisch fahren würden ist weit verbreitet. Klar ist, es kommt zu einem Mehrverbrauch durch den Strombedarf durch die Elektromobilität.
Gleichwohl ist beispielsweise das Elektroauto eine Möglichkeit, endlich auch im Verkehrssektor den Anteil an regenerativer Energie zu erhöhen. Bisher stagniert der Anteil mehr oder weniger bei 5,5 Prozent, vor allem durch den verbrauchten Strom der Bahn. Fossile Energie kann keinen Beitrag zur Erhöhung dieser Quote leisten. Auch nicht durch die sogenannten eFuels, was aber ein anderes Thema ist. Zum C.A.R.E.- Diesel habe ist bereits einen Blogbeitrag verfasst.

In 2019 hatten wir einen Bestand an PKWs von ca. 47,7 Millionen. Davon waren 0,3 Prozent reine batteriebetriebene Elektroautos. (Steigerung zum Vorjahr rund 65 Prozent. Hybrid-PKW hatten einen Anteil von 1,1 Prozent und die umstrittenen Plug-in-Hybriden 0,2 Prozent. Die Anteile werden sich in 2020 deutlich verschieben, bedingt auch durch die gestiegene Förderung der Elektromobilität.

Auch bei weitere deutlicher Steigerung der Zulassungszahlen der Elektroautos, zeigen diese Zahlen, wie lange es dauern wird bis alle elektrisch fahren. Falls dies überhaupt jemals der Fall sein wird, und noch wichtiger, ob wir dann immer noch einen PKW-Bestand von 700 PKW pro 1.000 Einwohner haben werden.

Aber rechnen wir einfach einmal mit 47 Millionen Elektroautos. In welche galaktischen Höhen wird denn der Stromverbrauch steigen? Wir nehmen sehr konservativ an, dass ein Elektroauto im Jahresmittel einen Verbrauch von 18 kWh, inklusive Ladeverluste hat. Im Durchschnitt fuhr jeder PKW im Jahr 2019 weniger als 14.000 km weit. mit sinkender Tendenz im Vergleich zu den Vorjahren.

Das entspricht einem Verbrauch von 2.520 kWh pro Elektroauto (umgerechnet übrigens 252 Liter Dieselkraftstoff. Damit fährt ein durchschnittlicher Diesel-PKW 4.200 km weit).
Der momentane PKW Bestand in Deutschland würde also, wenn alle elektrisch fahren würden, im Jahr 117 TWh an Strom verbrauchen.
Die Nettostromerzeugung in 2019 betrug 510,4 TWh. Im Vergleich wurde im Jahr 2019 eine Menge von 539,3 TWh erzeugt. Ein Rückgang von 29 TWh innerhalb eines Jahres.
Die Erzeugung aus erneuerbaren Energien stieg innerhalb eines Jahres um 17,3 TWh.
(Alle Angaben stammen von der Bundesnetzagentur)

117 TWh brauchen wir also mehr an Strom um alle momentan in Deutschland betriebenen Autos elektrisch anzutreiben. Mit den aktuellen Steigerungsraten der regenerativen Energien, könnte diese Menge rein regenerativ erzeugt werden.
Als Fazit kann, denke ich, gesagt werden: Die Menge an zusätzlichem Strom ist nicht das Problem.

Wie kommt der Strom zu den Autos?

Dies hat zwar nur indirekt mit der Frage, reicht der Strom, zu tun. Ist aber natürlich mindestens eben so wichtig. Der Mehrverbrauch muss ja über das Netz verteilt werden. Zweifellos wird man das Stromnetz dafür weiter ausbauen müssen. Was aber natürlich sowieso Jahr für Jahr passiert, da sich die Struktur in Deutschland ja kontinuierliche ändert. Neue Wohngebiete, neue Gewerbegebiete, Ausbau der erneuerbaren, Wegfall von Kraftwerken usw.

Das Stromnetz hält aber nicht aus, wenn alle abends heimkommen und dann ihr Auto aufladen.

Ist das denn so? Stecken ALLE abends ihr Auto an um aufzuladen? Die Reichweite der Elektroautos liegt momentan im Schnitt wohl irgendwo um die 300 Kilometer. Wir erinnern uns, siehe oben, der Durchschnittsdeutsche fährt mit seinem PKW 14.000 km im Jahr. Er müsste also rein rechnerisch 46 mal im Jahr aufladen. Das ist jetzt natürlich ein sehr theoretischer Wert, klar. Keiner wird so laden, aber es verdeutlicht doch, dass nicht ALLE jeden Abend ihr Auto voll aufladen müssen.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, man lädt ein Elektroauto dann wenn es sich anbietet. Anders als beim Verbrenner, mit dem ich an die Tankstelle fahre wenn der Sprit zu Neige geht, lade ich mit dem Elektroauto immer wenn es möglich ist. Auch wenn das mal nur ein paar kWh sind. Das Auto macht beim Parken sowieso nichts, kann im Winter nebenbei vorheizen, während es am Strom hängt.
Die aktuelle Förderung zum Aufbau privater Ladeinfrastruktur zielt in die richtige Richtung. Als Voraussetzung wird die Steuerbarkeit der sog. Wallboxen gefördert. Stichwort Netzdienliches Laden. Das Auto lädt dann, wenn genügend Strom in Netz ist.
Das heißt, das Elektroauto hängt wenn nötig am Netz und lädt wenn möglich. Bei modernen Elektroautos kann ich einstellen wann ich losfahren will, wie weit geladen werden soll und wann das Auto warm sein soll. In Zusammenarbeit mit der steuerbaren Wallbox kann somit der notwendige Ladestrom und die entsprechende Ladezeit berechnet werden.
Damit kann ich schon gewisse Lastspitzen abfangen. Ähnlich kann es auch beim öffentlichen Laden laufen, bei entsprechend ausgebauter Ladeinfrastruktur. Dies alles ist ein Prozess und wird noch Jahre dauern, aber auch der Fahrzeugbestand ändert sich ja relativ langsam.
Nach Aussagen der Netzbetreiber, die sollten es wissen, stellt sie der Wandel zur Elektromobilität vor keine unlösbaren Aufgaben. Man verfolgt die Entwicklung des Strombedarfs an ständig und berechnet voraus. So hat man auch die zukünftigen Anforderungen durch das Elektroauto im Blick.

Alles nur Theorie

Jein. Sicher hat man keine Erfahrungen wie sich der Wandel zur Elektromobilität genau vollziehen wird. Aber man kann das schon sehr gut vorausberechnen und abschätzen. Die viel zitierte Aussage, woran wieder keiner denkt, stimmt so ganz sicher nicht.

Beispielsweise hat die EnBW im Pilotprojekt E-Mobility Allee untersucht wie sich der Einfluss auf das Stromnetz auswirkt, wenn alle elektrisch fahren. Das ist dann keine graue Theorie mehr, sondern praxisnahe Erfahrungen. Weitere Projekt dazu laufen bereits und können zuversichtlich stimmen, dass die Umstellung der gesamten Fahrzeugflotte auf Elektroautos mit Sicherheit keine unlösbare Aufgabe ist.

Die Befürchtungen, dass der Strom nicht reichen könnte, oder Deutschland beinahe täglich vor einem Blackout steht sind unbegründet. Es braucht noch Anstrengungen, aber ganz sicher sind dies keine unlösbaren Aufgaben.

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